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Zeitreise in die Vergangenheit

Seit 1973, nunmehr fast 50 Jahre, trägt der Wichernhof Dehmen seinen Namen. Mit dem Historiker Falk Bersch gingen wir für eine Studie „zum Umgang mit Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen in der DDR“ auf eine kleine Zeitreise.

02.12.2022
Petra Renner/ Benjamin Schmitz
Wichernhof: Zeitreise in die Vergangenheit

Am 26. August 2022 war der Publizist Falk Bersch im Rahmen einer Recherche zu Besuch auf dem Wichernhof. Im Auftrag der Landesbeauftragten für die Aufarbeitung der SED-Diktatur schreibt Herr Bersch eine Studie zur Situation von behinderten Kindern und Jugendlichen in den DDR-Nordbezirken. Der erste Teil ist bereits erschienen und zwei weitere Bände sollen folgen.

Gegenwärtig beschäftigt er sich mit konfessionellen Pflege- und Behinderteneinrichtungen und in diesem Zusammenhang auch mit dem Wichernhof bzw. mit dem Domgut Dehmen. Dank der Anwesenheit von Klaus Weckwerth, der bis 2011 Einrichtungsleiter in Dehmen war, wurde die Entstehung der Behindertenhilfe inklusive arbeits- und tagesstrukturierender Angebote besprochen, erörtert und reflektiert. Auch die eine oder andere Geschichte kam zur Sprache.

Aufbau der Behindertenhilfe

Im Jahr 1966 entschied sich ein Lehrerehepaar in Dehmen, Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung Wohnmöglichkeiten im alten Schulgebäude zu geben, in Verbindung mit einer Tätigkeit auf dem nahegelegenen Domgut. Dort konnten sie, es waren ausschließlich junge Männer, Hilfsarbeiten im landwirtschaftlichen Bereich ausführen. Dazu gehörte Stallpflege, Feldarbeiten und andere Zuarbeiten, die auf einem bäuerlichen Gut so anfallen. Sie verdienten dort auch Geld.

Im Jahr 1973 zogen Kinder und Jugendliche mit einer schweren geistigen und Mehrfachbehinderung nach Dehmen, nicht in das alte Schulgebäude, sondern in ein neu gebautes Pflegehaus. Als Klaus Weckwerth Anfang der 1970er-Jahre für die Betreuung und Tagesbeschäftigung zuständig wurde, machte er sich Gedanken um die Arbeitsbedingungen und Bezahlung. Aus den Kindern wurden Teenager und junge Erwachsene, diese brauchten neben Spiel auch eine sinnvolle Tagesgestaltung. Er baute eine Arbeitstherapie auf, in der im geschützten Rahmen gearbeitet und begleitet werden konnte. Dazu gehörte unter anderem das Knüpfen von Fußmatten aus Sisal. Auch die Bezahlung auf dem Domgut war nicht besonders gut. Dies führte zu Meinungsverschiedenheiten mit dem damaligen Gutsbetreiber.

Amüsantes und weniger Amüsantes aus dem Alltag

Eine schöne Anekdote war von Herr Weckwerth zu hören. Dieser bemühte sich stets um die Erschließung des Geländes rund um die Wohngebäude. Durch eine Bekanntschaft „über drei Ecken“ kam er günstig an Baumaterial von einer nahen Baustelle. Dort wurde gerade die Autobahn A19 gebaut. Am Ende des Bauabschnittes fehlten wohl dann ca. fünf Kilometer, berichtete Herr Weckwerth lächelnd.

Natürlich wurden auch Geschichten über die Menschen erzählt, die auf dem Wichernhof arbeiteten. Teilweise wurden sie zur Arbeit aus anderen Orten abgeholt. Auch lebten Mitarbeiter, ob ledig oder mit ihren Familien, auf dem Gelände des Wichernhofes oder im angrenzenden Dorf. So war es nicht ungewöhnlich, auch nach der Arbeit Kollegen in den Häusern oder auf dem Gelände zu treffen. Es war wie eine kleine „Enklave“. Es gab in der Mitarbeiterschaft auch welche, teilweise vom Staat an die kirchlichen Institutionen vermittelt, die eigentlich im Komplex der Behindertenhilfe nicht tätig hätten sein dürfen, z. B. Suchtkranke und Ausreisewillige. Auch von unangenehmen, teils bedrohlichen Besuchen durch das sowjetische Militär, das ganz in der Nähe stationiert war, erzählte Klaus Weckwerth.


Während des Gespräches zwischen Herrn Bersch, Herrn Weckwerth, Herrn Kozik und uns als Einrichtungsleitung wurde immer wieder deutlich, wie wichtig das Engagement der einzelnen Mitarbeiter war, um den Bewohnern des Wichernhofes, ein Gefühl von „zu Hause“ zu geben. Neben der Pflege- und Alltagsleistung war und ist es wesentlich, auch arbeitstherapeutische und tagesstrukturierende Beschäftigung zu geben, um zu fördern, zu fordern und zu entfalten.

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