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"Ich bin hier persönlich gewachsen"

Elf Jahre arbeitete Sebastian Graf im CAP-Markt Elisabethstraße in Güstrow, betreut vom Ambulant begleiteten Wohnen. Nun geht es für ihn zurück in die Heimat.

26.10.2022
Torsten Ehlers
ABW: Sebastian Graf und Cornelius Burkhardt-Fischer

Im CAP-Markt Elisabethstraße gibt es einen Mitarbeiter, den alle Kunden bestimmt schon einmal gesehen, wenn nicht sogar gesprochen haben. Die Rede ist von Sebastian Graf, der häufig an der Kasse noch ein Gespräch mit den Kunden führt, während er die Waren scannt. „Ich arbeite sehr gerne als Verkäufer, mache das aus Leidenschaft, weil ich den Kundenkontakt mag. Ich habe das ja auch gelernt“, erzählt Herr Graf. Was kaum einer weiß, dass Herr Graf auch durch das Ambulant Begleitete Wohnen (ABW) betreut wird. Er ist einer der Mitarbeiter mit Handicap, die durch das Konzept der CAP-Märkte aufgefangen werden und denen eine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt gegeben wird, um nicht ihre Eigenständigkeit zu verlieren. Aber der Reihe nach.

2010 kommt Sebastian Graf nach Mecklenburg, weil er auf der Suche nach Integrationsunternehmen von zu Hause weggehen muss. Ursprünglich wollte er in einem Markt in Rostock arbeiten, aber dies klappte leider nicht. „Herr Wagner hat dann meine Bewerbung nach Güstrow weitergegeben und seit 2011 arbeite ich nun hier“, so Graf weiter. Anfangs war es noch eine Vollzeitstelle, aber dies war ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr machbar. Herr Graf erlitt einen psychischen Zusammenbruch. Immer schon im Boot, aber seit dieser Überforderung vermehrt, ist das ABW der Diakonie Güstrow. „Es ging einfach nicht mehr. Ich bin mit der Vollzeitstelle hier gar nicht gut angekommen, hatte keine Kontakte und habe mich selbst fertig gemacht“, blickt Graf zurück. Schnell wird klar, dass es so nicht weitergeht. In Absprache mit dem ABW versucht man es zunächst mit einer Stundenreduzierung, um etwas mehr Freiraum zu schaffen. „Es gibt in den meisten Märkten Mitarbeiter mit einer zusätzlichen pädagogischen Ausbildung, aber das Integrationsamt verlangt, dass immer noch ein Supervisor – in diesem Fall eine Mitarbeiterin des ABW – beratend zur Seite gestellt wird. Zwischen den CAP-Mitarbeitern und uns bestand immer ein Austausch, wo muss man nochmal schauen, um etwas nachzusteuern, was fällt auf etc.“, erklärt Cornelius Burkhardt-Fischer, Leiter des ABW bei der Diakonie Güstrow. Die ersten positiven Effekte bei Sebastian Graf setzen ein, als der passionierte Tischtennisspieler in einem Güstrower Tischtennisverein aktiv wird.

Apropos Tischtennis; hier geht das Herz von Sebastian Graf auf. Voller Euphorie erzählt er, dass er mal die italienische Nationalmannschaft im Tischtennis getroffen hat und mit einer Spielerin ins Gespräch kam: „Sie hat zu mir gesagt, dass ich keine Angst vor dem Ball haben soll, keine Angst vor dem Gegner, sondern einfach spielen soll.“ Simple Worte, die aber Eindruck hinterlassen, auch für das Leben neben dem Tischtennis.

Nun geht die Reise zurück nach Thüringen, worauf sich Sebastian Graf sehr freut. Er komme schließlich nach Hause: „Ich bin sehr dankbar für die Zeit hier. Ich weiß, wer ich bin, bin hier persönlich gewachsen. Ich weiß auch, was ich kann und was nicht. Das habe ich alles hier gelernt. Ich stehe auf eigenen Füßen, aber mir fehlen meine Familie und Freunde. Die leben noch in Thüringen und es ist einfach zu weit für mich, um dort einfach mal vorbeizugehen, wenn ich mich mitteilen möchte oder es mir gut oder nicht so gut geht.“ Was er vermissen wird, ist definitiv der Firmenlauf mit dem Team des Wichernhofes. Dieses wollte er nicht einmal verlassen, als es im Jahr 2021 ein ABW-Team gab.

Nun kommt Sebastian Graf also wieder nach Hause und er kann dies auch, weil es in Thüringen mittlerweile CAP-Märkte gibt. Wir wünschen Herrn Graf alles Gute für seinen weiteren Weg.

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