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Was ist Selbsthilfe?

Andrea Bentzien koordiniert die Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe (KISS). Sie erzählt von den Menschen, die Selbsthilfe suchen und wie sie selbst ihre vielfältige Arbeit erlebt.

12.11.2025
Andrea Bentzien
Andrea Bentzien - Koordinatorin der KISS
Wer nach Mitteln und Wegen sucht, mit Problemen umzugehen, kann sich an Andrea Bentzien von der Selbsthilfekontaktstelle wenden. Foto: Torsten Ehlers

Wenn das Wort „Selbsthilfe“ fällt, denken viele Menschen vielleicht an staubige Ratgeber, fragwürdige Motivationssprüche oder Kaffeeklatschrunden. Ging mir vor ein paar Jahren an einigen Stellen genauso.
 
Bis ich anfing, in der KISS zu arbeiten. Nun ist an jedem Klischee auch ein Fünkchen Wahrheit. Ja, in den Gruppen wird Kaffee getrunken, es wird motiviert und der ein oder andere Rat geteilt, aber nichts daran ist staubig.

Stellt sich nun die Frage, was Selbsthilfe eigentlich ist? Selbsthilfe bezieht sich auf die selbstständige Bewältigung von Problemen, die in Eigeninitiative und Eigenverantwortung ergriffen wird. Die Fähigkeit einzelner Personen (Alltags-) Probleme selbstständig zu lösen, ist die individuelle Selbsthilfe. Das Aufsuchen oder Gründen einer Gruppe, in der sich Gleichbetroffene gegenseitig helfen, ist die gemeinschaftliche Selbsthilfe. Selbsthilfegruppen können ein gesundheitliches und/oder ein soziales Thema haben.

Ich erlebe Menschen, die inmitten der Herausforderung des Lebens nach Wegen suchen, ihre Belastungen zu bewältigen und Unterstützung zu finden und zu geben.

Selbsthilfegruppen können hierfür eine wertvolle Möglichkeit bieten. Zum Beispiel als eine wichtige Ergänzung zur medizinischen und therapeutischen Rehabilitation, da sie nachhaltig zur Krankheitsbewältigung und langfristigen Stabilisierung des Rehabilitationserfolges beitragen kann. (Es ersetzt aber keine Arztbesuche oder Therapie!)

Ich möchte hier von zwei Gruppen berichten.

Die Gruppe „Lebensfreude. Rotgeblümt“ ist eine Selbsthilfegruppe für Frauen mit Krebs. Sie sieht sich als Gesprächsrunde für und von Betroffene(n). Die Sprecherin der Gruppe Petra antwortete auf meine Frage, warum die Gruppe so wichtig für sie ist: „Es ist so wichtig, dass wir alle Betroffene sind. Auch mal schockierende Dinge aussprechen oder hören können, ohne Angehörige gleich in Traurigkeit zu ziehen. Und es ist wichtig, Erfahrung, Kraft und Hoffnung zu teilen. Und Jede sammelt Informationen und teilt sie mit allen. Zum Beispiel wird eine Frau zum Tag der offenen Tür ins Hospiz gehen und eine andere besorgt Informationen in einem Sanitätshaus. Das ist ja in allen Facetten unsere Realität. Aber das Wichtigste ist, dass wir zusammen lachen und weinen können.“

Eine andere Gruppe ist die der alleinerziehenden Eltern in Teterow. Diese Gruppe ist noch recht neu. Nach einem kleinen Artikel in der Teterower Zeitung meldeten sich einige Interessierte. Schon das Gründungstreffen war ein Fest. Mit vier Muttis und sieben Kindern war gleich Stimmung in der Bude. Im Vorfeld waren nur Ort und Zeit des ersten Treffens abgesprochen und dann kam die hohe organisatorische Kompetenz dieser Frauen ins Spiel. Kurz nach Eintreffen standen Buntstifte und Papier, Wurstspieße, Kekse und Obst auf dem Tisch und es konnte losgehen. Abwechselnd beschäftigte sich eine Person mit den Kindern und die anderen konnten Organisatorisches besprechen. Ich freue mich schon auf das nächste Treffen, denn als Koordinatorin werde ich bei den ersten Treffen dabei sein.

Und was gehört noch zu meinen Aufgaben? Neben der Unterstützung und Begleitung von Personen bei der Gründung einer Selbsthilfegruppe gebe ich auch an alle Interessierten Informationen zu Selbsthilfegruppen im Landkreis Rostock weiter oder vermittle an andere Hilfsangebote. Bei regelmäßigen Zusammenkünften aller Gruppensprecher unterstütze ich den Austausch zwischen den Gruppen. Ich gebe Hilfestellung bei organisatorischen und finanziellen Fragen. Organisiere Gesprächsrunden und Aktionstage mit. Arbeite mit anderen Vereinen, Kliniken und in Arbeitsgruppen des Landkreises mit. Und das alles will natürlich auch dokumentiert werden.

Mein Fazit: Jeder Tag ist eine neue Chance mir selbst näher zu kommen. Ich muss nicht perfekt sein – nur bereit, etwas zu verändern. Die Kraft habe ich in mir und manchmal finde ich sie auch in einer Gruppe.

Ihre Ansprechpartnerin
für die Region Güstrow, Bützow und Teterow:
Andrea Bentzien
Telefon: 03843 776 1037
kiss@diakonie-guestrow.de

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