Was auf den ersten Blick verwundert, wird schnell plausibel, wenn man die Zusammenhänge kennt. Jene Kinder und Jugendliche, welche als Teil einer Bedarfsgemeinschaft Sozialleistungen beziehen, können sich verschulden. Wenn beispielsweise das Einkommen der Eltern schwankt und Rückforderungen bestehen, ergeben sich diese auch gegen die Kinder. Zwar gibt es, sobald sie erwachsen sind, die Möglichkeit, sich auf die sogenannte Minderjährigenhaftung zu beziehen und eventuell mit „einem blauen Auge“ aus der Situation zu kommen. Allerdings wissen dies die Wenigsten und so sehen sich die betroffenen jungen Erwachsenen schon Schulden gegenüber, obwohl sie noch nicht einmal geschäftsfähig waren.
Jung und überschuldet?
Die Erfahrungen aus der Praxis der Schuldnerberatung zeigen: Schon junge Menschen sind verschuldet. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Besonders problematisch ist, dass selbst Minderjährige schon Schulden haben können.
Verschuldete Kinder
Erstes eigenes Geld - endlich frei?
Ausbildungsvergütung, Bafög, das erste Arbeitseinkommen – das macht finanziell frei und unabhängig. Oder nicht? Mit Aufnahme einer Ausbildung, eines Studiums oder des ersten Jobs erzielen junge Menschen nicht nur erste eigene Einnahmen, sondern sehen sich in der Regel auch das erste Mal ernsten Zahlungsverpflichtungen gegenüber. Miete, Kaution, Strom, Möbelkauf, Fahrtkosten, Mobilfunkvertrag, Schulmaterialien, Lebensmittel – die Liste ist lang und die Einnahmen relativ gering. Viele Azubis und Studenten haben kaum finanziellen Spielraum, vor allem dann nicht, wenn die Eltern keinen oder nur einen kleinen Bonus beisteuern können. Und so wundert es kaum, dass unvorhergesehene Ausgaben finanzielle Löcher aufreißen, welche aus eigener Kraft nicht gestopft werden können.
Konsumieren junge Menschen zuviel?
Wer sich mit Jugendverschuldung beschäftigt, gewinnt den Eindruck, junge Menschen gehen wahllos shoppen und haben ein unreflektiertes Konsumverhalten. Dem wollen wir Schuldnerberaterinnen deutlich widersprechen. Die geringen Einkünfte sind ein Problem und zugleich sehen wir, dass das Leben Heranwachsender tatsächlich teurer geworden ist. Vergleichen wir es mit unserer eigenen Kindheit und Jugend, fällt auf, wie viele kostenpflichtige Freizeitbeschäftigungen es heute gibt. Und die sind gar nicht mal besonders exklusiv, sondern gehören einfach dazu.
Auch vermeintliche Statussymbole wie ein Smartphone oder Tablet, welche oftmals als unnötiger Luxus abgetan werden, haben für Kinder und Jugendliche ab einem bestimmten Alter einen großen Stellenwert. Sie dienen zur Kommunikation mit Freunden und Familie, als Musikplayer, Film- und Fotokamera, Informationsquelle für Schule und Studium.
Kaum geübt im Umgang mit Geld
Immer wieder stellt sich in unseren Beratungsgesprächen heraus, dass junge Menschen völlig unvorbereitet in die Welt von Verträgen, Kosten, Zahlungsverpflichtungen und den damit verbundenen Vorgehensweisen und Mechanismen eintreten. Welche Rechte, aber auch Pflichten habe ich? Wie funktionieren Kaufabwicklung und Zahlungsverkehr? Wie behalte ich den Überblick? Welche Hilfsmittel kann ich nutzen? Auf diese und ähnliche Fragen hat ein Teil der jungen Erwachsenen kaum Antworten, sie wurden weder zuhause noch in der Schule thematisiert. Kein Wunder also, dass das Risiko Schulden zu machen, groß ist.
Wie kann die Schuldnerberatung unterstützen?
Junge Menschen können sich gerne an uns wenden. Gemeinsam verschaffen wir uns einen Überblick über die finanzielle Situation. Welche Einnahmen werden erzielt? Welche Ausgaben fallen an? Welche Schulden sind aufgelaufen? Wir schauen, wo Optimierungen möglich sind. Die Beraterinnen geben diverse Tipps zum Umgang mit Geld, führen an ein Haushaltsbuch heran usw. Wenn die aktuelle Situation gefestigt ist (und ggf. Krisen überwunden sind), suchen wir Lösungen für die grundsätzliche Schuldenproblematik. Dafür kommen verschiedene Varianten in Frage. Bei sehr jungen Schuldnern geht es meistens zunächst darum, Zeit zu gewinnen, weil ihre Einkommenssituation es kaum erlaubt, Schulden zu regulieren. Erst mit einer festen Arbeitsstelle nach einer Ausbildung oder einem Studium ist ein guter Zeitpunkt, um Schulden schrittweise zu begleichen.
Vorbeugen ist besser als Heilen
Die Beraterinnen tragen gern dazu bei, Kinder und Jugendliche im Umgang mit Geld zu stärken. In Präventionsveranstaltungen sensibilisieren wir für vermeidbare Fallstricke, vermitteln ein Grundgerüst an Finanzkompetenz, zeigen Hilfsmittel usw. Wir nutzen verschiedene, altersgerechte Materialien und Methoden, um mit den jungen Menschen ins Gespräch über Geld zu kommen. Die Veranstaltungen führen wir überall dort durch, wo Kinder und Jugendliche zusammenkommen, zum Beispiel in Schulen und Jugendclubs. Gerne können kleinere Gruppen auch zu uns in die Beratungsstelle kommen.
Wir freuen uns jederzeit über Anfragen!
Telefon: 03843 776 1741
schuldnerberatung@diakonie-guestrow.de