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Klein, unruhig, impulsiv - oder vielleicht FASD?

Wenn in der Schwangerschaft Alkohol getrunken wird, trinkt das Kind mit und erfährt bleibende Schäden. Wir klären zu diesem Thema auf.

12.09.2022
Christin Piske und Katarina Zander
Prävention vor Alkohol in der Schwangerschaft - Puppe

Trinken Schwangere Alkohol, kann das zu bleibenden Schädigungen ihrer ungeborenen Kinder führen. Das ist 100 % vermeidbar und deshalb bieten wir im Beratungszentrum Bützow Informationen und Aufklärung an, um Jugendliche für die Risiken und Folgen des Konsums von Alkohol in der Zeit der Schwangerschaft zu sensibilisieren.

In Deutschland werden jährlich zwischen 4.000 und 10.000 Kinder mit sogenannten Fetalen Alkoholspektrum-Störungen (FASD) geboren. Konkret heißt das: Alle diese Kinder hatten bereits vor ihrer Geburt ihren ersten Rausch. Konsumiert die werdende Mutter Alkohol, hat das Ungeborene in kürzester Zeit den gleichen Blutalkoholspiegel wie die Mutter. Ungehindert gelangt der Alkohol zum heranwachsenden Kind und wirkt unmittelbar als Zellgift auf die gesamte Entwicklung. Zum Abbau braucht das Ungeborene zehnmal länger als die Mutter. Alle Organe und Organsysteme werden geschädigt und lebenslange Symptome entwickeln sich: Minderwuchs, Untergewicht, Kleinköpfigkeit, Augenfehlbildungen, Gesichtsfehlbildungen, geistige Behinderungen, verminderte Intelligenz, geistige und motorische Entwicklungsverzögerungen sind einige von ihnen.

In Kindergarten und Schule erleben Erzieher und Lehrer Kinder mit Hyperaktivität, Impulsivität, Aufmerksamkeitsstörungen, emotionalen Störungen, Lernstörungen und unsozialem Verhalten. Auch wir kennen aus der Praxis Kinder, die nachweislich an FASD „leiden“ und vermutlich gibt es viel mehr Fälle. So wie Justus*, 6 Jahre alt: Justus war bei der Geburt gesund und unauffällig. In der Schwangerschaft gab es, laut Aussage der Mutter, keine Komplikationen. Mit ca. zwei Jahren wurde für Justus Frühförderung beantragt, weil er in allen Bereichen der Entwicklung unter der Norm lag. Bis zur Schuleingangsuntersuchung bleibt er auffällig: Sein Kopf, die Nase und der Körper sind sehr klein, die Ohren leicht deformiert, eine deutliche Hautfalte führt zum inneren Augenlid. Justus spricht sehr langsam und undeutlich, kann Aufforderungen nur verstehen, wenn sie wiederholt und einfach geäußert werden. Für komplexe Aufgabenstellungen fehlen die Merkfähigkeit und das Verständnis. Die Mutter beschreibt als besonders belastend, dass ihr Sohn sehr starke Stimmungsschwankungen hat und regelmäßig „ausrastet“, auch schlafe er schlecht und sei immer überdreht und unkonzentriert, so dass er gegen Straßenschilder und Bäume läuft. In der Kita beobachtet die Erzieherin, dass keine sozialen Beziehungen zu Gleichaltrigen aufgebaut werden und Justus „sich zwar insgesamt Mühe gibt, aber in keinem Entwicklungsbereich schulfähig sei“. Aufgrund der auffälligen Screening-Ergebnisse wird eine Beschulung an der Schule mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung in Erwägung gezogen.

Im Sozialpädiatrischen Zentrum fragt die Oberärztin recht unverblümt nach Alkoholkonsum in der Schwangerschaft, den die Mutter direkt verneint. Aufgrund der vielen (augenscheinlichen) Symptome, wird eine umfangreiche Ausschlussdiagnostik erfolgen. Sollten sich keine anderen Behinderungen oder syndromalen Erkrankungen finden lassen, ist es sehr wahrscheinlich, dass für Justus die Diagnose „FASD“ lauten wird. Ein vermeidbares Schicksal …

*Name geändert

Unsere Beratungsstelle

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