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Ein bisschen Mut gehört dazu

Seit dem vergangenen Jahr sind wir KipsFam Regionalstelle des Landkreises Rostock. KipsFam steht für „Kinder aus psychisch und/oder suchtbelasteten Familien“ und ist ein landesweites Projekt des Sozialministeriums M-V. Unsere Koordinatorin Annemarie Budich erzählt, wie sie Kinder ermutigt, über ihre Gefühle zu sprechen.

26.11.2025
Annemarie Budich
KipsFam LRO - Projektleiterin Annemarie Budich
Annemarie Budich bietet Kurse für Kita-Gruppen, vermittelt Einzelgespräche und bietet Fachkräften Gespräche an. Foto: Jörn Lehmann

Morgens um 9 Uhr. An einem Mittwoch im Mai. Die Sonne scheint, der Hahn kräht, eine Frau geht mit ihrem Hund Gassi und überquert dabei den Friedhof. Ich bin in einem kleinen Dorf am Rande des Landkreises Rostock. Und sitze hier auf einer Bank, die einzige Sitzgelegenheit, die ich im Dorf finde. 

Ich bereite mich innerlich auf den Besuch der örtlichen Kita vor. Meine Tasche ist voll mit Bastelmaterialien: abgeschnittene Wasserflaschen, Klebeaugen, Dosen mit Mehl und Reis. Sie ist bis oben hin gefüllt. Und meine Gitarre steht neben mir. Am Ende sollen die Kinder wissen, was ein Liebesherz, ein Wutfaden, ein Traurigtropfen und ein Mutball sind. Wird es gelingen? Werden die Kinder schon gut mit den Themen umgehen können? Es ist eine Vorschulgruppe. Also nur Mut.

Ich mache die Tür zum Kita-Eingang auf. Draußen sehe ich die Kinder spielen. Im Eingangsbereich wird getanzt. Die Kita-Leiterin begrüßt mich herzlich. Sie führt mich in den Gruppenraum. Ich packe meine Sachen aus und stelle sie auf den Tisch. Die Kinder kommen fröhlich und etwas aufgeregt wirkend nacheinander hereingelaufen. 
Wir sitzen im Kreis auf dem Boden und lauschen, wie die Erde klingt. Dann singen wir gemeinsam ein Lied und ich freue mich, dass sich alle trauen, mitzusingen. 

Über Gefühle sprechen, ist nicht immer einfach. Auch für mich nicht. Wir strecken unsere Arme in die Luft und zeigen, wie lang unser größter Wutfaden war, den wir je hatten. Die Größe der Wut endet dort, wo unsere Arme jeweils nicht weiter ausgestreckt werden können. Auch in dieser Gruppe gibt es wuterfahrene Kinder, die berichten. Ein Kind möchte den Mutball drücken, wenn es Wut bekommt. Zwei Mädchen erzählen, dass sie noch nie wütend waren. 

Der Umgang mit der aufkommenden Wut ist nicht immer einfach. Da sind wir uns alle einig. Ich erzähle, dass ich manchmal den Raum verlasse, wenn ich wütend bin und dann ruhig durchatme. Ein Kind sagt, dass ihm Schreien schon mal geholfen hat. Die Wut ist auf jeden Fall ein Thema bei den Kindern. 

Angesagt ist auch das Liebesherz, was einige Kinder an ihre Liebsten verschenken wollen. Und der Traurigtropfen? Der ist in dieser Gruppe gar nicht so sehr verbreitet. Höchstens, wenn es mal einen Streit mit dem Bruder gibt, aber da kann man auch nicht genau unterscheiden, ob das eine Trauerträne oder eine Wutträne war.  

Einen Mutball bastelt man aus einem Luftballon, Klebeaugen und … füllt ihn mit Knete?! Nein, stimmt, das war Puddingpulver. Nicht ganz, ich habe nur klassisches Mehl dabei. Aber hätte ich das vergessen, hätten sich die Kinder auch zu helfen gewusst. Jetzt gehen wir an die Tische und füllen das Mehl durch die abgeschnittenen Flaschen in die Luftballons. Das ist manchmal gar nicht so einfach. Da stopfen wir ein bisschen mit dem Teelöffel nach. Und schütteln ein bisschen. Beim Knoten helfen die Kita-Leiterin und ich. Bei den Klebeaugen auch. Abschließend werden die kleinen Bälle auf das Fensterbrett zum Trocknen gelegt. 

Ich hänge unseren Aushang an die Tür – für die Eltern, zusammen mit ein paar Visitenkarten von mir. 

Als alle Kinder den Raum verlassen, spreche ich mit der Kita-Leiterin und wir tauschen uns aus über das Thema und kommen auch zu schwierigen Punkten. Das bewegt mich schon. Wenn ein Kind eine größere Belastung mitbringt, hat das Auswirkungen auf alle: Auf die anderen Kinder, aber auch auf die Fachkräfte, die regelmäßig an ihre Grenze gebracht werden und auch nicht immer die Unterstützung bekommen, die sie benötigen. Gemeinsam gehen wir das Thema an und ich unterstütze neben Kindern,Jugendlichen und Eltern auch die Fachkräfte.

KipsFam LRO
Das Projekt KipsFam unterstützt Kinder und Jugendliche aus psychisch und/oder suchtbelasteten Familien. Diese Unterstützung kann sehr verschieden sein. 

► Ich biete Kurse für Kita-Gruppen an.
► Ich biete vermittelnde Einzelgespräche an. 
► Ich biete Gespräche mit den Fachkräften in der Einrichtung an.
► Einrichtungen können eine finanzielle Förderung beantragen.

Annemarie Budich
Platz der Freundschaft 14c, Güstrow
KipsFamLRO@diakonie-guestrow.de
Telefon: 0151 114 06 112

 

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