Ada* sitzt an ihrem Tisch im Klassenzimmer. Sie bastelt, malt, klebt und schneidet, das macht sie sehr gerne. Sie ist ein total liebes Mädchen und ruhig. Um sie herum sitzen ca. zehn Mitschüler und Mitschülerinnen, die mit ihr die Frühförderschule besuchen. Plötzlich wird es laut, die Stimmung kippt. Sie schreit, schmeißt Stühle um sich.
Die 17-jährige hat Autismus, einhergehend mit einer starken geistigen Behinderung. Vor gut 1,5 Jahren kam sie aus Osteuropa nach Deutschland, seitdem wird sie von unserer Integrationshilfe begleitet. „Ich bin immer an ihrer Seite“, sagt Kathleen Tiede, ihre Schulbegleiterin, „während der Fahrt zur Schule, im Förderunterricht, in den Pausen, beim Frühstücken, Händewaschen, Jacke anziehen, auf der Toilette.“ Ist Ada* nicht „gut drauf“, verlassen die beiden den Klassenraum, basteln, puzzeln und spielen in einem separaten Raum.
In wenigen Monaten ist Kathleen Tiede eine wichtige Bezugsperson für Ada* geworden. Sie gibt ihr Sicherheit, Halt im Alltag, stärkt das Selbstwertgefühl des Mädchens. Die beiden haben Strukturen und Abläufe trainiert, damit Ada* mit den emotionalen Schwankungen zurechtkommt. „Steh auf“, „Schieb den Stuhl ran“, „Mach die Tür leise zu“ - einfache Sätze, alles rund um den Alltag. Mehr kann die 17-jährige nicht verarbeiten, gleichwohl sie dies alles in drei Sprachen versteht. Bahnen sich Situationen an, die für sie kritisch werden können, sucht Kathleen Tiede schnell und kreativ nach einem Ausweg. Am Ende eines Schultages bringt sie Ada* bis an die Haustür, versucht, sich mit der alleinerziehenden Mutter auszutauschen. „Das ist sehr schwierig“, erzählt die examinierte Krankenschwester, „sie spricht kaum Deutsch, auch kulturell ist da eine große Barriere. Pflegedienste, Brückentage, alles solche Dinge kennt sie nicht.“ Viel wird deshalb über Messenger kommuniziert, weil sich Nachrichten übersetzen lassen.
„In Adas* Klasse bin ich hingegen super involviert und die Lehrer sind immens kompetent, wir sind ständig im Austausch“, freut sich Kathleen Tiede, die ihre Arbeit als Schulbegleiterin unheimlich gerne macht. „Ich bin Feuer und Flamme für diesen Job. Vorher habe ich viele Jahre als Krankenschwester in einem Klinikum gearbeitet, war gesundheitlich angeschlagen und lange krank. Aber dann kam das Glück kam zu mir und flüsterte in mein Ohr: Jetzt bist du dran!“ *Name geändert