Als Maik 40 Jahre ist, gibt Ute Schiedt ihn in die Diakonie-Tagespflege nach Teterow. „Drei Tage in der Woche, an denen ich Kraft schöpfe“ bekennt die 73-Jährige. In der Tagespflege ist „Maiki“, wie alle ihn liebevoll nennen, mittendrin zwischen allen Gästen, nimmt aktiv an Angeboten teil und gewinnt neues Selbstbewusstsein. „Er ist glücklich bei uns“, bestätigt Astrid Haag , die Leiterin der Diakonie-Tagespflege Teterow. „Es mag ein wenig ungewöhnlich klingen, dass wir jüngere Pflegebedürftige wie Maik zusammen mit Senioren betreuen, aber das funktioniert sehr gut und beide Seiten profitieren. Natürlich sind die Interessen ein wenig anders, aber jeder kann selbst entscheiden, wie und womit er bei uns den Tag verbringen möchte.“
Das zweite Zuhause
Die Tagespflege Teterow betreut nicht nur Senioren, sondern auch jüngere Pflegebedürftige. Einer von ihnen ist Maik Schiedt, der eine geistige Behinderung hat.
Maik schlendert glücklich durch die Tagespflege, geht offen auf jeden zu, schüttelt Hände und strahlt übers ganze Gesicht. „Er fühlt sich unglaublich wohl“, konstatiert seine Mutter Ute Schiedt. „Hier hat er Gemeinschaft und wird viel besser gefördert, als ich es könnte.“
54 Jahre ist es her, dass Maik durch Sauerstoffmangel bei der Geburt geistig behindert zur Welt kam. Ute Schiedt weicht in den ersten Jahren nicht von seiner Seite, pflegt ihn und tut alles für ihren Sohn. Mit etwa acht Jahren besucht er die Förderschule, lernt lesen, schreiben und rechnen, macht später eine Ausbildung zum Teilfacharbeiter und wird Bauhelfer. Irgendwann geht es nicht mehr weiter. Maik bekommt „Aussetzer“, wie seine Mutter beschreibt, verlernt Dinge, „entwickelt sich zurück“. Auch körperliche Beschwerden beginnen.
Ressourcen werden gefördert und aktiviert
Maik spaziert am liebsten an der frischen Luft, untergehakt bei einem der Betreuungskräfte und begleitet von einem weiteren jüngeren Pflegebedürftigen, der ebenfalls großen Bewegungsdrang hat. Oft lenkt er die kleine Gruppe zum Mühlenteich, da wo das Feuerwehrmuseum steht, oder zur Eisdiele. In der Tagespflege hört er beim Gedächtnistraining zu, macht Sport während des Morgenkreises, erzählt zu den Nachmittagsthemen, auch spielt er einige Minuten Karten oder Mensch-ärgere-dich-nicht. „Unser Fokus liegt ganz klar darauf, ihn zu fördern und die vorhandenen Ressourcen zu aktivieren“, sagt Astrid Haag. Zugute kommt dem, dass Maik sehr gerne beim Vorbereiten des Essens hilft. Er schält Kartoffeln und Gemüse, räumt den Tisch ab, „manchmal zum Leidwesen der Gäste, die noch essen“, schmunzelt Astrid Haag. Aber, er darf machen, und auch seiner „Zettelleidenschaft“ nachgehen. Jeden Tag geht er in die zwei kleinen Geschäfte, die sich im Haus der Tagespflege befinden, holt sich Zettel und stopft die in seine Hosentaschen. „Auch unsere Senioren stecken ihm Zettel zu und verwöhnen ihn gerne mit Süßigkeiten“, weiß Astrid Haag.
Tagespflege und Fahrdienst entlasten
An allen Tagen, die Maik zur Tagespflege kommt, wird er vom DSG Fahrdienst morgens zu Hause abgeholt und nachmittags wieder nach Hause gefahren. Hat seine Mutter, Ute Schiedt, mit ihm Termine bei Fachärzten o.ä. werden die Betreuungstage flexibel getauscht.
„Die Tagespflege ist eine große Entlastung für mich“, sagt Ute Schiedt. „Maik gehört hierher. Zuhause muss ich ständig auf ihn aufpassen und seine körperlichen Einschränkungen nehmen zu. Auch bin ich nicht mehr so fit wie vor einigen Jahren.“ Die 73-Jährige wäscht ihren Sohn, duscht ihn und achtet auf seine Wechselsachen, „weil er kein Gefühl dafür hat und jetzt im Sommer einen Winterpullover tragen würde.“ Die beiden unternehmen aber auch viel Schönes zusammen. Sie reisen mit dem Zug in andere Städte, nach Warnemünde, Berlin, Dresden, Görlitz oder Bad Schandau.
Natürlich befasst sich Ute Schiedt auch mit der Frage, was passiert, wenn sie selbst einmal krank oder ein Pflegefall wird. Sollte das eintreten, ist die Tagespflege weiterhin für ihren Sohn da. Und für den Notfall weiß Ute Schiedt: „Maik bleibt immer mein Kind. Ich gebe ihn nicht weg, solange ich ihn betreuen kann – und wenn ich nicht mehr kann, nehme ich ihn mit ins Pflegeheim.“